Gewerbesteuer wird angehoben, Grundsteuer nicht

Haushaltsberatung: TV, AWo und Narrhalla gehen leer aus

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Die Stadt Rottweil erhöht die Gewerbesteuer um zehn Prozentpunkte. Die Grundsteuer bleibt jedoch beim erst im vorigen Herbst festgesetzten Satz. Dies beschloss der Gemeinderat jeweils mit knapper Mehrheit.

Rottweil – Und dieser Wechsel hatte einen, nein zwei Namen: Dr. Peter Schellenberg und Hermann Breucha. Die beiden FWV-Räte waren für die Erhöhung der Gewerbesteuer. Aber dagegen, die Grundeigentümer und Mieter zu belasten. Erst im Herbst war nämlich beschlossen worden, die Gewerbesteuer beim bisherigen Satz zu belassen. Fast aufkommensneutral, wenn auch nicht für den einzelnen Steuerzahler.

„Alles auf den Prüfstand“

Beantragt hatte die zweifache Erhöhung die Verwaltung „im Rahmen der Haushaltkonsolidierung“, wie es im Antrag hieß. Und das brachte heftige Diskussionen in den Saal. Da erinnerte der Tonfall von Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf schon ein bisschen an ein Flehen. Für die CDU erklärte die Fraktionsvorsitzende Monika Hugger, sie würde sich einem Maßnahmen-Paket zur Sanierung des Haushalts nicht in den Weg stellen. „Alles muss auf den Prüfstand“, sagte Hugger – vor allem auf der Ausgabenseite. Für diese beiden Erhöhungen sei nicht der richtige Zeitpunkt. Zumal die schwierige finanzielle Situation der Stadt bei der Festlegung des Grundsteuer-Hebesatzes schon bekannt gewesen sei. Der Gewerbesteuer-Hebesatz in Rottweil sei ohnehin recht hoch im Vergleich zu den Nachbargemeinden. Rasmus Reinhardt warnte davor, es sei „politisch unklug“, zu verkünden, dass die Grundsteuer „aufkommensneutral“ erhoben werde, und dann zu erhöhen.

Teure Benachrichtigung

Nach der Erhöhung, die für 2025 gelte, müssten neue Bescheide an die steuerpflichtigen Einwohner Rottweils gesandt werden, monierte Schellenberg. Von der Verwaltung wurde der Aufwand mit etwas über 17.000 Euro angegeben. Das rundete OB Ruf auf 20.000 auf – bei einer Mehreinnahme durch die Erhöhung von 104.000 Euro. Auch die FDP sprach sich gegen die Erhöhung aus: „Mir fehlt im der grundsätzliche Sparwille. Kürstellen wie Klimaschutzmanager können wir uns nicht mehr leisten“, sagte Harald-Armin Sailer. Und Maximiliane Scheidel ergänzte: „Die Bürger und Gewerbetreibenden dürfen nicht dafür bluten, dass man es sich im Gemeinderat einfach machen will.“

Rufs Argument für die Erhöhung der Gewerbesteuer: Die Gewerbetreibenden hätten durch die Neuberechnung der Grundsteuer deutliche Entlastung erfahren. Das mache die Erhöhung der Gewerbesteuer trotz schlechte wirtschaftlicher Lage verkraftbar . Diese Einnahmen, rund 560.000 Euro bei der Gewerbe- und 104.000 Euro bei der Grundsteuer, seien auch noch im laufenden Jahr zu verbuchen.

Abstimmung

Die Sprecherinnen der (von OB Ruf aus gesehen) linken Seite des Rats, also von SPD+FFR und Grünen, zeigten sich mit dem Vorgehen einverstanden. Bei der Abstimmung gab es dann aber durchaus eine Überraschung: Für die Erhöhung der Gewerbsteuer sprachen sich nicht nur diese beiden Fraktionen geschlossen und OB Ruf aus, sondern auch Breucha und Schellenberg – macht 14 Stimmen. Gegen die Erhöhung stimmten CDU, FDP, AfD und Karl-Theo Häring von den Freien Wählern (Franziska Kossendey war nicht da) – elf Stimmen. Für die Erhöhung der Grundsteuer gab es zwei Stimmen weniger, also zwölf, und zwei Gegenstimmen mehr, also 13 – abgelehnt.

Vereinsanträge

Nicht wirklich überraschend waren die Abstimmungsergebnisse bei den Vereinsanträgen. Allerdings gingen nicht alle einstimmig und kommentarlos über die Bühne. So gab es für den Ausfall-Zuschuss von bis zum 10.000 Euro  an den MUM-Verein für den Ferienzauber zwar eine Mehrheit bei sieben Gegenstimmen (SPD+FFR sowie CDU-Mann Hans-Peter Alf), aber auch deutliche Worte an den Verein: Neben Lob an die Veranstalter auch die Feststellung „nur diesmal noch“. Harald-Armin Sailer (FDP) fand, 50 Cent mehr fürs Bier täten auch keinem weh.

Anerkennung für die Leistung gab es auch beim Antrag des Turnvereins (TV), einen Zuschuss von bis zu 137.000 Euro für die Wiederherstellung von Sportanlagen und Gebäuden nach dem Hochwasser vom Juni zu bekommen. Gute Arbeit, aber am falschen Platz, so war der Tenor: „Man muss ständig mit Hochwasser rechnen“, sagte beispielsweise Breucha, und „an dieser Stelle wird der Wiederaufbau nicht gefördert“, verlangte Gekle-Maier. Der Antrag wurde daher einstimmig abgelehnt. Einstimmig beschlossen wurde der Zuschuss an den Rugby-Club für Fahrtkosten ihrer Jugendmannschaften. Auch der Antrag des Rollbrett-Vereins auf Überlassung eines Grundstücks neben dem Skatepark wurde einstimmig beschlossen, wenn auch mit einer Enthaltung. Die Narrhalla erhält den beantragten Mit-Zuschuss für ihr Lager nicht – Elke Reichenbach (SPD+FFR): „Es tut mir Leid um die Narrhalla, aber das muss der Verein selber stemmen.“ Die Ablehnung erfolgte einstimmig, bei der Enthaltung von Breucha („Ich bin ein alter Narrhallese“).

Auch die Arbeiterwohlfahrt musste in die Röhre schauen: Ihren Antrag auf 85.000 Euro Zuschuss für die Sanierung und Erweiterung der Spittelmühle lehnte die Mehrheit (16 Stimmen) ab, dafür waren acht Rätinnen und Räte (eine Enthaltung). Der vermittelnde Antrag der Fraktion SPD+FFR auf 60.000 Euro in drei Jahresraten fand zehn Befürworter und 15 Gegner – abgelehnt.

Da diese Woche die Vorberatungen dran waren, wird es noch eine endgültige Abstimmung geben.




Wolf-Dieter Bojus

... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.

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